Ein Anstoß für nachhaltige, regionale Entwicklung
Autoren: Raphaela Kell, Alexandra Kessler, Claus Mayr, Karsten Schellmat
Zurzeit überdeckt die berechtigte Sorge um die ökonomischen und sozialpolitischen Negativfolgen der Corona-Pandemie die auf uns zukommenden Folgen einer noch viel größeren Krise. In der Stadt Aachen sind aktuell und auch noch in den nächsten Monaten viele Kräfte in die Bekämpfung dieser Pandemie eingebunden. Dennoch darf die Debatte um notwendige globale, aber auch regionale Resilienzstrategien zur Vermeidung und/oder Abfederung des rasant voranschreitenden Klimawandels nicht hintenangestellt werden. Die Gefahr, dass sich die Klima- und Umweltkrise bei weitem drastischer, dauerhafter und komplexer – nicht zuletzt auch auf unsere Region – auswirken wird, als die Folgen der Corona-Krise, wächst mit jedem weiteren für den Klimaschutz ungenutzten Zeitfenster.
Die Corona-Krise zeigt, dass der Staat bis hin zu kommunalen Strukturen sehr handlungsfähig ist. Im Hinblick auf die Klimakrise besteht also Hoffnung, dass mit einer rechtzeitigen und politisch konsequent angegangenen Krisenbekämpfung auch das klimatische worst-case-Szenario abgemildert und vielleicht global und/oder regional noch beherrschbar bleiben könnte. Um die Folgen der bisherigen Wirtschafts- und Lebensweise noch abzufangen, dürfen wir nicht länger warten, bis auf globaler, europäischer oder bundesparlamentarischer Seite die erforderlichen Gesetze und Handlungsanweisungen erfolgen, die das Ruder zugunsten eines effektiven Klima- und Umweltschutzes und einer sozialen, ökologischen und ökonomischen Transformation herumreißen könnten. Statt Abwrackprämien und Rettung von klimaschädlichen Unternehmen, sehen wir Investitionen, die an ökologische und soziale Kriterien gebunden sind sowie Innovation und Zukunftsfähigkeit unterstützen.
Die Corona-Krise führt uns ebenfalls sehr deutlich vor Augen, dass die Bereiche Gesundheits- und Betreuungssystem, Lebensmittelproduktion, Logistik, digitale Infrastrukturen essentiell für das Funktionieren unserer Gesellschaft sind. Dies zeigt sich u.a. in der stark gesteigerten Wertschätzung dieser Bereiche. Es zeigt sich aber auch, dass ein zielgerichtetes und suffizientes Wirtschaften in allen anderen Bereichen anstatt eines auf ungebremsten Konsum ausgelegtes Wirtschaftens, das Gebot der Stunde ist und viele Chancen bietet.
Die politischen Hebel zur Lösung sowohl der sich jetzt anbahnenden, Corona-bedingten Wirtschaftsprobleme als auch der Klima- und Umweltkrise können nicht nur auf den bundes- und landesparlamentarischen Entscheidungsebenen betätigt werden. Die Städte und Gemeinden haben ebenfalls sehr wirkmächtige Hebel zur Verfügung, um diesbezügliche zukunftsweisende Weichenstellungen vorzunehmen. Angesichts des immer enger werdenden Zeitfensters für einen erfolgreichen Klima- und Umweltschutz sind die politischen Entscheidungsträger*innen in den Städten und Gemeinden dringend aufgefordert, gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft jetzt und sofort Strategien für eine sozial-ökologisch nachhaltige Transformation zu entwickeln und sehr zeitnah umzusetzen.
Gemeinsam mit vielen sich in Aachen engagierenden zivilgesellschaftlichen Organisationen appeliert der Runde Tisch Klimanotstand Aachen eindringlich an die Politiker*innen und Verwaltungsangestellten der Stadt Aachen, den immer dringlicher werdenden Klima-, Umwelt- und Naturschutz mit dem Aufbau einer nachhaltigen Regionalwirtschaft sowie sozialer Verträglichkeit und kultureller Stärkung zu verbinden.
Was heißt dies konkret für die Politik der Stadt Aachen? Der bereits vom Runden Tisch Klimanotstand Aachen erarbeitete und den Parteien und der Verwaltung ausgehändigte klimapolitische Maßnahmenkatalog zum Schutz des Klimas und der Umwelt für die Bereiche Energieerzeugung und -versorgung, Stadtentwicklung, zirkuläre Wirtschaft, Verkehr sowie Land- und Forstwirtschaft ist unbedingt und unmittelbar in allen weiteren Wirtschaftsförderungsprogrammen und Stadtentwicklungskonzepten der Stadt Aachen zu berücksichtigen.
Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie verdeutlicht, wie wichtig den Menschen die Solidarität untereinander ist und wie viel Hilfsbereitschaft und sozialer Zusammenhalt möglich ist. Diese Entwicklungen müssen auch in Zukunft gestärkt werden. Gerade Berufe im sozialen und medizinischen Bereich, die als systemrelevant gelten, sollen zukünftig bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung der verantwortungsvollen Tätigkeiten erfahren. Und auch die Förderung von Kunst und Kultur, deren Beiträge nicht nur während der Pandemie, sondern auch im alltäglichen Leben unverzichtbar sind, muss weiter vorangetrieben werden.
Deshalb sind alle regionalpolitisch anvisierten und nicht zuletzt im Zuge der Corona-Krise wahrscheinlich verstärkt notwendig werdenden Wirtschaftsförderungsprogramme auf den öko-soziologischen Transformationsprozess und insbesondere auf die Klimaschutzziele auszurichten. Mittel aus den in Aussicht gestellten Konjunkturförderprogrammen dürfen ausschließlich unter einem Nachhaltigkeitsvorbehalt vergeben werden, um so aus Konjunkturförderungsprogrammen zukunftsorientierte Strukturförderprogramme zu machen. Der Aufbau einer wirtschaftlich resilienteren, da regional stärker ausgerichteten Wirtschaft mit möglichst zirkulären Wertschöpfungsketten ist hier einer der Ansatzpunkte für die Stadt Aachen.
Alle in der Planung befindlichen Wirtschaftsprogramme sind daraufhin abzutasten, ob sie im Sinne des Klima- und Umweltschutzes und sozialer Verbesserungen positive Effekte erzielen können. Andernfalls sind diese Programme nachzujustieren oder ggfs. zu verwerfen.
Insgesamt wäre es mehr als willkommen, wenn die Stadt Aachen mehr Inspiration und Kooperation zur Erreichung der Klimaschutzziele wie auch der Entwicklung einer zirkulären Regionalwirtschaft aus der Zivilgesellschaft zulässt und konstruktive Gestaltungsideen stärker in ihre kommunalpolitischen Entscheidungen einbezieht.
Zusammenfassend möchten wir gemeinsam mit Ihnen eine zukunftsgerichtete gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklung in Aachen gestalten, die klimaneutral und ressourcenschonend, ökologisch nachhaltig sowie sozial und kulturell förderlich ist – also sprich umfassend nachhaltig funktioniert und das Wohl Aller im Blick hat.
Der Brief wurde initiiert vom Runden Tisch Klimanotstand und wird von folgenden weiteren Organisationen mitgezeichnet:
- Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie
- Aachener Baumschutzbund
- Aachen Unverpackt
- ADFC Aachen
- attac Aachen
- BENG e. V.
- Bischöfliche Akademie des
- Bistums Aachen
- Blütenparadies – Initiative
für den Insektenschutz in der Region Aachen - BUND Aachen e.V.
- Bürgerinitiative Luisenhöfe Aachen
- Christians for Future Aachen
- Cradle to Cradle Aachen
- Effektive Altruisten Aachen
- Eine Welt Forum Aachen
- Energiegewinner Aachen-Euregio
- Ende Gelände Aachen
- Energybirds
- Essbares Aachen
- Evangelisches Erwachsenenbildungswerk im Kirchenkreis Aachen
- Extinction Rebellion
- Fossil Free Aachen
- Fridays for Future Aachen
- FAUK Förderverein Arbeit, Umwelt und Kultur in der der Region Aachen e. V.
- Förderverein Kinderklinik Beira e. V.
- Green Office Initiative Aachen
- Hambi Support Aachen
- Health for Future Aachen
- Ingenieure retten die Erde
e. V. - Kurdisches Zentrum Aachen
- Metakollektiv: Einklang
- MISEREOR
- Musiknetzwerk Aachen
- NABU Stadtverband Aachen
- Niemandsland e. V.
- Parents for Future Aachen
- PAN Plattform Aachener Nachhaltigkeit e.V.
- Peoples Health Movement – Sektion Aachen
- Pfannenzauber Aachen
- Radentscheid Aachen
- Raststätte Aachen
- Recht auf Stadt Aachen
- Regionale Resilienz Aachen
e. V. - Rhizom Aachen
- Scientists for Future Aachen
- Slow Food
- STARRING Aachen e. V.
- Students for Future Aachen
- terre des hommes Gruppe Aachen
- Tiny Houses Aachen e. V.
- Uni.Urban.Mobil.
- Wind e.V. Aachen
Liebe Initiatoren
diesen Brief habe ich gerne gelesen und unterstütze ihn ausdrücklich!
Was fehlt ist m.E. die Einbindung von Unternehmen und von sozial Benachteiligten sowie Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln.
Dazu gehört auch eine einfache Sprache. Leuten mit geringeren Sprachkenntnissen habe m.E. wenig Chancen diesen Brief zu vertehen.
Mit solidarischen Grüßen
Uli Lieser
Hallo Uli,
Danke für die Unterstützung. Gerade gestern noch haben wir das Thema Unterzeichnung des offenen Briefes durch Unternehmen, Sportvereine, Chöre… und eben auch anderen Gruppen der Gesellschaft in die Diskussion eingebracht und werden dies auch in der kommenden Besprechung nächste Woche abstimmen.
Einfache Sprache ist sehr wichtig. Im Moment scheitert ein so formulierter Brief aber einfach an unseren Kapazitäten. Wenn uns hier jemand unterstützen möchte – gerne.
Ebenfalls mit solidarischen Grüße – Karsten Schellmat
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